Kleiner Held ganz groß

Kleiner Held ganz groß

Bei uns war alles normal in der Schwangerschaft. Wir haben uns so gefreut auf das absolute Wunschkind, alles verlief normal. Man hört ja immer viel, was alles so passieren kann in der Schwangerschaft, aber bei uns war alles gut. Im Oktober 2017 kam dann unser kleiner Sohn zur Welt. Zunächst weiterhin nichts Auffälliges bis zur U3 (dritte Früherkennungsuntersuchung, die in der vierten bis fünften Lebenswoche des Babys stattfindet, Anm.d.Red.). Ab hier sollte sich dann alles ändern. Unser Kinderarzt hörte unseren Kleinen ab und merkte, dass etwas nicht stimmte. Er überwies uns dann im November 2017 sofort in das Klinikum Traunstein in die Kardiologie. Unser Glück im Unglück, der behandelnde Kardiologie betreute zwei Fälle von Kindern mit dem Barth-Syndrom, eine seltene Genkrankheit, und so konnte nach einem Gen-Test im Januar 2018 die Diagnose festgestellt  werden.

Die erste Zeit waren wir dann noch zuhause. Die Gewissheit, dass der Kleine herzkrank war, zermürbte uns. Wir hatten keine Ansprechpartner und niemanden mit ähnlichen Erfahrungen. Wir mieden größere Veranstaltungen und auch Besuch durfte nur kommen, wenn alle gesund waren. Wir hatten Angst, dass er sich anstecken könnte, da jeder Infekt sein Herz mehr schwächen würde. Nach ein paar Monaten und ständigen Kontrollen mussten wir im Mai 2018 wieder in die Klinik, die Blutwerte stimmten nicht. Nach 2 Wochen auf Station im Klinikum Traunstein kam es dann zu einer plötzlichen und starken Verschlechterung. Unser Sohn kam auf die Intensivstation. Anfang Juni dann der große Schock „das Herz ist zu schwach!“ Verlegung nach Großhadern, sonst hätte der Kleine keine Überlebenschance. Während unser Sohn mit dem Hubschrauber nach München geflogen wurde, kämpfte er um sein Leben. Wir fuhren mit dem Auto hinterher, in den Gedanken nur bei unserem Sohn. Das war eine schreckliche Zeit.

Im Klinikum Großhadern angekommen, hörten wir nur Wortfetzen -schwaches Herz, -Unterstützung nötig, -Berlin Heart….was ist ein Berlin Heart? Man ist nicht aufnahmefähig in diesem Moment.

Von hier an waren wir dann komplett aus unserem Alltag gerissen. Wir wurden stationär aufgenommen und unser Kleiner bekam direkt am nächsten Tag ein Berlin-Heart (Herzunterstützung). Die OP dauerte einen ganzen Tag, der Ausgang war stets ungewiss. Nach der OP haben wir unseren Sohn fast nicht wieder erkannt. Es war schlimm ihn so zu sehen.

Die Achterbahnfahrt ging nun so richtig los. Von Tagen, wo alles passt und alles gut läuft zum nächsten Moment, wo die Blutwerte entgleisen und nicht sicher ist, wie es weiter geht. Nach einer weiteren riskanten Operation, bei der die Ärzte davon ausgingen, unser Sohn würde sie vielleicht nicht überleben, lag er dann 2 ½ Wochen im Koma. Er überlebte. Doch er konnte nicht mehr lachen. Unser Kind konnte uns über eine längere Zeit nicht mehr anlächeln, was schrecklich für uns war! Man fragt sich warum und ob das Lachen jemals wieder kommt!? Es kam wieder! Trotz immer wieder kleinerer und größerer Rückschläge geht es unserem Sohn seitdem stetig ein kleines bisschen besser. Er arrangiert sich gut mit seinem Kunstherz.

Seit Juni ist auch klar, dass unser Sohn ein Spenderherz braucht. Die Wartezeit liegt im Durchschnitt bei 1 ½ Jahren. Seit fast einem Jahr sind wir mit unserem Kleinen nun stationär. Zum Glück können wir im McDonald-Haus direkt neben der Klinik unterkommen, um immer in seiner Nähe zu sein. Das hat auch den Vorteil, sich mit anderen betroffenen Familien austauschen zu können. Zu Beginn waren wir drei Familien, die Kinder mit einem Berlin-Heart hatten. Eine dieser Familien war schon an die Stiftung Ambulantes Kinderhospiz München angebunden und so bekamen wir auch endlich Hilfe von außen. Seit September 2018 besucht uns nach Bedarf regelmäßig jemand von der Angehörigenberatung des AKM. Die Beratung kann vor Ort direkt in der Klinik oder im McDonald Haus durchgeführt werden, wodurch keine extra Anfahrtswege entstehen. Die Entlastung war groß, denn neben der ganzen Sorge um sein Kind flatterten nämlich auch Rechnungen von der Krankenkasse herein, wie beispielsweise eine Zuzahlung für den Helicopterflug nach München. Unsere Angehörigenberatung hat sich dann mit den Krankenkassen in Verbindung gesetzt und die Angelegenheit für uns geklärt, damit wir den Kopf für unser Kind frei hatten. Ebenso leistet sie uns Beistand in rechtlichen Fragen, um uns pflegerisch und finanziell bestmöglich zu entlasten (Fahrtkosten, Hilfsmittel), schreibt Widersprüche in unserem Sinne und ist immer erreichbar und bereit, uns bei neuen Ansprüchen zu unterstützen. Zudem können wir auch weitere Leistungen des AKM in Anspruch nehmen.

Achtsam

Man darf trotz all der Schwierigkeiten nicht vergessen, auf seine Familie zu achten, denn sie ist die größte Stütze in dieser Zeit. Besonders auf die Partnerschaft muss man achten. Man muss sich bewusst Zeit nehmen und am Wochenende Familienzeit einplanen und diese zusammen genießen.

Kraftvoll

Sehr kraftvoll war unser soziales Umfeld. Freunde, Bekannte und Familie haben uns geholfen, den Dachstuhl unseres neuen Hauses mit aufzubauen, als wir in der Klinik bei unserem Sohn waren. Die Unterstützung gab uns so viel Rückhalt und Kraft. Und unser Sohn ist wahnsinnig kraftvoll! Alles, was er bisher durchgestanden hat, wie er die letzten Reserven mobilisiert und gekämpft hat. Das zeigt uns: er kann es schaffen und wenn er das schafft, dann schaffen wir das auch.

Mutig

Unser Sohn ist mutig und hat niemals aufgegeben. Trotz der Höhen und Tiefen des letzten Jahres. In den letzten Monaten hat er so viel dazu gelernt und super tolle Fortschritte gemacht. Er traut sich zu sitzen und zu spielen, lässt sich nicht einschränken von seinem Berlin Heart, welches ihn ja stetig begleitet.

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