Familienleben mit Down-Syndrom

Zum Welt-Down-Syndrom-Tag am 21. März 

Michelle (27) und ihr Mann haben erst nach der Geburt ihrer Zwillinge erfahren, dass ihr Sohn Maksim (15 Monate) an Trisomie 21 leidet. Jetzt sprechen sie über ihr gemeinsames Leben – und wie es sich anfühlt, zu wissen, dass ihr Kind an jedem Tag sterben kann.

Rosenheim/Amerang – Dass Maksim am Leben ist, grenzt an ein Wunder. Das 15 Monate alte Kleinkind liegt auf einer Decke im Wohnzimmer. An seinem großen Zeh ist ein Sensor für den Monitor des Sauerstoffgeräts befestigt. Es piept, dann erscheinen die Puls- und Sauerstoffsignale auf dem Display. „Er braucht das Gerät rund um die Uhr“, sagt Mutter Michelle.

Sie sitzt am Küchentisch, vor ihr auf dem Boden tobt Malea, Maksims Zwillingsschwester, herum. Sie dreht sich im Kreis, reißt die Arme in die Höhe und lacht. Müde lächelt Michelle ihrer Tochter zu, ermahnt sie, vorsichtig zu sein. Dann richtet sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf Maksim. „Er ist mein Bubi“, sagt sie. Aber sie macht auch kein Geheimnis daraus, dass die vergangenen Monate sie an ihre Grenzen gebracht haben.

Erkrankung am RS-Virus

„Eigentlich hatte ich die Familienplanung nach meiner ersten Tochter Mila bereits abgeschlossen“, sagt sie. Dann wurde sie erneut schwanger – mit Zwillingen. Die neun Monate seien alles andere als einfach gewesen, zudem kamen die Zwillinge einen Monat zu früh auf die Welt. „Das Gewicht hat aber gepasst“, erinnert sich Michelle. Nur wenige Wochen nach der Geburt haben die Probleme begonnen. Maksim ist am RS-Virus erkrankt. „Er ist blau angelaufen und bewusstlos geworden“, sagt die junge Mutter. Während die Ärzte überlegen, wie sie dem kleinen Bub helfen können, verschlechtert sich sein Zustand. Sein Herz versagt, er bekommt eine Blutvergiftung und muss ins künstliche Koma versetzt werden.

Von Altötting geht es mit dem Hubschrauber nach München. Dort retten die Ärzte ihm das Leben. Bei einer Untersuchung wird schließlich festgestellt, dass Maksim nicht nur einen Herzfehler hat, sondern auch an Lungenhochdruck und Trisomie 21 leidet. „Ich habe drei Tage durchgeweint“, sagt Michelle. Zwar hatte sie immer mal wieder von Menschen gehört, die das Down-Syndrom haben, aber in ihrem privaten Umfeld kennt sie niemanden. Sie sucht das Gespräch mit den Ärzten, informiert sich im Internet und versucht zu verstehen, was die Nachricht für sie und das Leben ihres Sohnes bedeutet.

Alle drei Monate ins Krankenhaus

„Ich weiß nicht, was ich gemacht hätte, wenn ich von der Erkrankung meines Sohnes bereits während der Schwangerschaft erfahren hätte“, sagt Michelle. Kurz wird sie leise. Dann reißt das Piepen des Monitors sie aus den Gedanken. Sie überprüft die Werte, dann erzählt sie weiter. „Alle drei Monate müssen wir ins Krankenhaus, um Herz und Lunge zu checken“, sagt sie. Denn der Zustand des 15 Monate alten Kindes ist schwierig. Er hat Pflegegrad 3, muss morgens sechs Tabletten nehmen, am Abend sieben.

„Achtmal hat er bisher mit dem Tod gerungen“, sagt Michelle. Achtmal, in denen sie versucht hat, sich mit der Tatsache abzufinden, dass ihr Sohn die Nacht möglicherweise nicht überleben wird – nur um am nächsten Morgen doch wieder in sein lächelndes Gesicht zu blicken. „Die Ärzte haben gesagt, dass Maksim nicht älter als sieben Jahre alt wird“, sagt seine Mutter. Sie versucht, nicht allzu viel darauf zu geben. Aber die Sorge bleibt. Es sind Ängste, mit denen die junge Mutter oft alleine versucht, fertig zu werden. Wenn ihr Mann Manuel am Abend von der Arbeit nach Hause kommt, kümmert er sich um die anderen beiden Kinder. „Es ist schwer, jedem die gleiche Aufmerksamkeit zu schenken“, sagt Michelle. Sie fühle sich oft schlecht, dass sie es immer noch nicht geschafft hat, Mila das Radfahren beizubringen oder mit Malea mal so richtig ausgiebig zu spielen.

Nicht leicht, allen gerecht zu werden

„Es war schwierig, mir einzugestehen, dass ich Hilfe brauche und nicht alleine mit der Situation fertig werde“, sagt sie. Doch mittlerweile hat sie genau das gemacht. Ein Pflegedienst kommt zweimal in der Woche, Mitarbeiter*innen der Stiftung Ambulantes Kinderhospiz München stehen ihr bei Fragen zur Verfügung, begleiten sie zu Arztbesuchen und besuchen sie zu Hause. Ab dem 21. März 2024 gibt es zudem eine zusätzliche Anlaufstation für Eltern wie Michelle und Manuel – die Down-Syndrom-Gruppe „2 + 1 = 3 – Sei mit dabei!“ im Zentrum Südostoberbayern der Stiftung AKM. Viermal im Jahr haben betroffene Eltern die Möglichkeit, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Begleitet werden die Treffen von den beiden Kinderkrankenschwestern Bernadette Lehner und Andrea Riepertinger. „Die Gruppe soll stärken und Hilfe zur Selbsthilfe für das Leben mit einem Kind mit Down-Syndrom geben“, sagt Andrea Riepertinger.

Wollen das Beste aus der Situation machen

Ob Michelle das Angebot nutzt, weiß sie im Moment noch nicht. Zu schmerzhaft ist es für sie zu sehen, wie weit andere Kinder mit Down-Syndrom im Vergleich zu ihrem Sohn sind. Trotz allem, versucht sie das Beste aus der Situation zu machen. „Ich sorge dafür, dass er eine gute Zeit hat“, sagt die junge Mutter. Maksims Lächeln verrät, dass sie einen guten Job macht.

Über die Gruppe „2+1=3 – Sei mit dabei!“

Die Treffen der Down-Syndrom- Gruppe „2+1=3 – Sei mit dabei“ finden viermal jährlich, immer donnerstags von 10 bis 12 Uhr statt. Der erste Termin ist für Donnerstag, 21. März, angesetzt. Es folgen Treffen am 13. Juni, 12. September und 12. Dezember. Treffpunkt ist im Zentrum Südostbayern der Stiftung Ambulantes Kinderhospiz München mit dem Bunten Kreis Rosenheim in der Landwehrstraße 3 in Rosenheim. Zur besseren Planung wird um Anmeldung gebeten unter E-Mail: bernadette.lehner@kinderhospiz-muenchen.de oder andrea.riepertinger@kinderhospiz-muenchen.de.

Auch eine telefonische Anmeldung unter 0176/12346690 oder unter 0176/12346702 ist möglich. Die Teilnahme ist kostenlos.

Anna Heise / OVB (19.3.2024)

Foto: Familie A. 

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