„Selten ist bei uns normal“

Zum Tag der Seltenen Erkrankungen 

Am 28. Februar ist der Tag der Seltenen Erkrankungen – ein weltweiter Aktionstag, um seltene Erkrankungen und die Menschen, die an ihnen leiden, sichtbarer zu machen. Deutschlandweit sind dies rund 4 Millionen Menschen. Die Stiftung Ambulantes Kinderhospiz München betreut derzeit zirka 500 Familien, in denen entweder ein Kind oder ein Elternteil eine lebensbedrohliche und/oder lebensverkürzende Krankheit hat. Dabei handelt es sich oft um angeborene Gendefekte oder seltene Stoffwechselkrankheiten. Die Stiftung steht diesen Familien auf ihrem Weg zur Seite und kennt viele Vorurteile, mit denen sie – neben der Krankheit – zu kämpfen haben.

Erfahren Eltern, dass ihr Kind an einer seltenen, schwer heilbaren und oft tödlich verlaufenden Krankheit leidet, bricht zunächst eine Welt zusammen. Wo vorher Lebens- und Zukunftspläne geschmiedet wurden, herrschen nun Verzweiflung und Resignation. Oft dauert es lange, bis überhaupt eine Diagnose gestellt werden kann. Bis es so weit ist, haben Eltern meist schon eine Termin-Odyssee von Arzt zu Arzt hinter sich – immer begleitet von Unsicherheit, Angst und Hilflosigkeit. Konnte dann endlich eine Diagnose gestellt werden, ist es mit der Unsicherheit aber nicht vorbei: Bei seltenen Krankheiten fehlen Erfahrungswerte, erprobte Therapien, zuverlässige Medikamente.

Eltern fühlen sich oft nicht ernst genommen

„Eltern berichten oft, dass sie von Anfang an gemerkt haben, dass etwas mit ihrem Kind nicht stimmt, sie aber von Seiten der Ärzte lange nicht ernst genommen oder sogar als Helikoptereltern dargestellt werden,“ sagt AKM-Kinderhospizfachkraft Anna. „Das sei alles gar nicht so schlimm“, würden Ärzte oft sagen, wenn sie sich selbst Symptome nicht erklären oder keine Ursache für die Beschwerden finden können. Eine Diagnose sei dabei sehr wichtig – auch für das soziale Umfeld der Familie. „Durch eine Diagnose bekommt das, was vor sich geht, endlich einen Namen. Leider wird diesen Familien nämlich davor noch immer häufig das Gefühl vermittelt, sie hätten etwas falsch gemacht oder sie würden übertreiben,“ erläutert Irmgard, ebenfalls Fachkraft für Kinderhospizarbeit bei der Stiftung AKM.

Diagnose als Beginn eines langen Weges

Bei seltenen Krankheiten ist allerdings die Diagnose meist erst der Beginn eines langen Weges. Sichere Prognosen und erprobte Medikamente fehlen oft, die Spezialist*innen sitzen in ganz Deutschland verteilt oder manchmal sogar im Ausland, was für die Familie eine Reise-Odyssee bedeutet – immer begleitet von vielen Hoffnungen, die leider auch häufig enttäuscht werden. „Nicht selten stehen Eltern vor der schwierigen Entscheidung, ob sie ihre Kinder an einer Studie teilnehmen lassen sollen, die eventuell zu den ersehnten Medikamenten führen könnte, aber eben auch viele Risiken und einen enormen Aufwand für die ganze Familie bedeutet“, erzählt Anna.

Routine im Umgang mit seltenen Krankheiten

Bei der Stiftung AKM finden diese Familien einen Platz, an dem sie sich verstanden fühlen. „Selten ist bei uns normal“, so Irmgard. Das hieße nicht, dass man die Krankheiten alle kenne, aber viele der Krankheiten, mit denen die Mitarbeiter*innen der Stiftung AKM zu tun haben, seien selten. Daher habe man eine gewisse Routine im Umgang mit seltenen Krankheiten entwickelt. „Die Familien sind erleichtert, dass einfach jemand da ist und ihnen zur Seite steht, ohne dass sie viel erklären müssen – was sie ja meist selber nicht erklären können. Wir holen die Familien da ab, wo sie gerade stehen und gehen eine gemeinsame Wegstrecke mit ihnen.“

Die Stiftung AKM kann mit ihren verschiedenen Fachbereichen ganz individuell auf die Bedürfnisse der jeweiligen Familie eingehen. Bei sogenannten Entlastungsgesprächen können die Betroffenen über ihre Sorgen und Bedürfnisse sprechen – ohne Scham und das Gefühl, sich ständig erklären zu müssen. „Gemeinsam mit der Familie erkennen wir an, was passiert – ohne zu bagatellisieren. Wir halten die Situation zusammen aus“, sagt Irmgard weiter.

Betroffene können sich gerne jederzeit bei uns unter der Telefonnummer 089 5880 303 15 melden oder sich in akuten Krisensituationen an unseren Kriseninterventionsdienst RUF24 unter der Telefonnummer 0157 733 11 110 wenden.

Bild: pexels/Polina Tankilevitch

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Irmgard Marchfelder