„Lasst euch nicht unterkriegen!“

Anlässlich des Welt-Hirntumor-Tages erzählen Leons Eltern seine Geschichte – und wollen Mut machen 

Am 8. Juni ist Welt-Hirntumor-Tag. Nach Angaben der Deutschen Hirntumorhilfe erkranken allein in Deutschland jährlich mehr als 6.000 Menschen an einem bösartigen, primären Hirntumor, weltweit sind es täglich 500 neue Fälle. Bei Kindern sind Hirntumore sogar die zweithäufigste Krebserkrankung, werden aber oft noch zu spät erkannt. Familien trifft diese Diagnose besonders hart, da die weitere Lebenserwartung dadurch meist sehr begrenzt ist. Wie es gelingen kann, trotzdem nicht aufzugeben, zeigt uns Leon – und seine Familie, die wir seit 2015 betreuen. Leons Eltern erzählen uns anlässlich des Welttages seine Geschichte.

„Leon war ein Frühchen. Er wurde sechs Wochen zu früh geboren und kam per Notkaiserschnitt zur Welt. Danach musste er auf die Intensivstation, da er eine Bronchitis hatte. Leon musste schon von Geburt an kämpfen, aber er hat alles tapfer und super gemeistert. Leon war ein ganz normaler und knuffiger Junge. Ein kleiner Sonnenschein.

Ab dem Kindergarten merkten wir, dass er in seiner Entwicklung etwas hinten dran ist. Aber wir dachten uns nichts dabei, manche brauchen eben für etwas länger als andere. Aber ab dem zweiten Kindergartenjahr wurde es immer sichtbarer: Kinder, die jünger waren, hatten Leon einiges voraus.  Er war auf einmal immer mehr ein Tagträumer: Spaziergänge dauerten eine Ewigkeit, weil er immer öfter verträumt ins Leere schaute. Auch motorisch hatte er immer häufiger Probleme.

Erste Diagnose: „Kopfgrippe“ 

Wir waren mit ihm bei der Logopädie, Ergotherapie und bei einer Heilpädagogin. Leon verlor beim Lachen Speichel, seine Sprache wurde immer verwaschener. Er konnte mit anderen Kindern beim Spielen nicht mithalten. Wir waren beim Arzt und schilderten unsere Situation. Die erste Diagnose war „Kopfgrippe“. Ich weiß nicht mehr genau, wie es uns erklärt wurde, aber als wir kurz danach das zweite Mal die gleiche Diagnose hörten, riss uns ein bisschen der Geduldsfaden.

Dann wurde vermutet, Leon schlafe schlecht und er könne seinen Alltag somit nicht verarbeiten und sich somit nicht weiterentwickeln. Wir wurden in eine Klinik überwiesen, in der er einige Tests machen musste, unter anderem wurden die Polypen entfernt, die Mandeln halbiert und ein Paukenröhrchen gelegt. Leon ging es danach ein bisschen besser, aber die Hauptprobleme waren nicht weg. Mittlerweile tat Leon das Lachen weh. Er lachte immer richtig herzhaft. Doch dann sagte er plötzlich, dass ihm davon der Kopf weh tut. Außerdem war er immer wackeliger auf den Beinen.

MRT bringt traurige Gewissheit  

Unser neuer Kinderarzt, bei dem wir die Schuleingangsuntersuchung machten, überwies uns schließlich an das Kinder-Sozialpädiatrische Zentrum in München. Dort musste Leon innerhalb von zwei Monaten zu ambulanten Terminen, wo er zahlreiche Tests absolvieren musste. Beim Abschlussgespräch – er saß dabei auf Papas Schoss – sah der Arzt ihn nachdenklich an und meinte, dass er einen relativ großen Kopf habe. Der Arzt empfahl ein MRT. Der Befund ließ dann leider keinen Zweifel offen:  Ponsgliom – ein Hirnstamm-Tumor. Erwartete Lebensdauer ohne Therapie zirka neun Monate und mit Therapie zirka zwei Jahre. Man hoffte, dass Leon die Einschulung erleben könnte.

Dieses Gefühl ist eines der schlimmsten, das man haben kann. Wir fuhren nach Hause und teilten der ganzen Familie die traurige Nachricht mit.  Wir fielen in ein tiefes Loch, in eine totale Leere hinein.  Nach dem ersten Schock haben wir aber als Familie beschlossen, zu kämpfen. Wir entschieden uns neben der Bestrahlung und Chemotherapie auch für den Homöopathischen Weg. Leon bekam sechs Wochen Bestrahlung und ein Jahr Chemotherapie. Parallel zur Bestrahlung musste Leon sehr viele Medikamente schlucken. Aber er war so tapfer und gab nicht auf.

Das gemeinsame Schicksal verbindet 

Seit dieser Zeit ist die Stiftung AKM an unserer Seite. Das Team stärkt uns den Rücken, indem es jederzeit für uns da ist: Eine ehrenamtliche Familienbegleiterin entlastet uns als Familie, eine Psychologin hilft, wenn wir mit unserer Kraft an unsere Grenzen kommen, eine Kinderhospizkraft ist immer für ein Gespräch erreichbar, wenn wir jemanden zum Reden brauchen. Durch die Stiftung lernten wir auch andere Familien kennen, die ein ähnliches Schicksal haben.  Alle Familien, die wir kennenlernen durften, waren Kämpfer. Sie geben alles, sind stark und tapfer. Man kennt sich nicht so lange, aber das gemeinsame Schicksal verbindet.  

Jedem einzelnen, mit dem wir in dieser Zeit Kontakt hatten, sind wir zutiefst dankbar. Ohne diese Hilfsbereitschaft der Menschen wären wir nicht da, wo wir gerade sind. Durch unseren Zusammenhalt und die Hilfe anderer haben wir Leon noch bei uns.

Wir konnten seine Einschulung erleben, seine Erste Kommunion, seine tiefe Stimme, die er mit der Pubertät bekommen hat. Leon war und ist seit seinem ersten Atemzug ein Kämpfer und das wird er immer sein. Er lässt sich nicht unterkriegen. Wir sind froh, dieses Wunder erleben zu können und hoffen, dass wir noch mehr dieser Momente genießen können.

Die Diagnose bekamen wir am 9. Juli 2015 – und leben nun seit fast sieben Jahren damit. Im Herbst kommt Leon in die 6. Klasse und ist gerade voll in der Pubertät 😊

Unser Rezept, um mit der Situation umzugehen:

  • Gute Laune
  • Zeit zusammen
  • Leben
  • Leon normal behandeln und Freilauf mit Freunden geben
  • Auf die Ernährung schauen
  • In Urlaub fahren
  • …alles was einem gut tut.

Es ist eine grausame Diagnose, die man niemandem wünscht. Es wäre zu wünschen, dass es bald mehr Hoffnung für die Patient*innen gibt. Wir kämpfen weiter und hoffen, Leon noch lange bei uns zu haben. Und jedem anderen, der damit konfrontiert wird …. lasst euch nicht unterkriegen und kämpft!“  

 

Bildmaterial © Familie Kargl

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